Ein dreifaches “Lulu” für die Schlaraffen
Wer zur Zunft der geselligen Schlaraffen gehört, weiß, was “Lulu” bedeutet. Den Außenstehenden wurde es am Abend des 7. April bei einem Osterkonzert des Allschlaraffischen Symphonie-Orchesters (ASO) aus Deutschland, das sich auf einer Tournee durch Argentinien und Brasilien befand, im Club Transatlântico erklärt. In ihrer blumenreichen Sprache bekunden Schlaraffen ihre Zustimmung und ihren Beifall mit dem Wort “Lulu”. Und wenn der Ausdruck dreimal wiederholt wird, dann ist es das Höchstmaß an Begeisterung.
Wie viele Male aber hatte man “Lulu” ausrufen müssen, um den musikalischen Darbietungen dieses hervorragenden Orchesters gerecht zu werden? Da der größte Teil des Publikums nicht mit den schlaraffischen Sitten und Gebräuchen vertraut ist, belohnten laienhafter Beifall und Bravo-Rufe - und das war nicht wenig - die Künstler für ihre hervorragenden Leistungen.
Die “Sassen” - das sind die Mitglieder dieser 1859 in Prag gegründeten Vereinigung - kommen allwöchentlich zu ihrer “Sippung” in ihrer “Burg” zusammen, um deutsche Kultur und Sprache zu pflegen. Humor, Neckereien sind dabei zu Gast, und man liefert sich oft sprühende Wortgefechte. Aber man ließ es nicht beim Wort bewenden, sondern fand 1982 in der Gründung eines heute hochkarätigen Symphonieorchesters einen Weg, die Kultur zu fördern und auszuweiten. Die 35 Musiker und Solisten stammen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Sogar eine Französin und zwei Gastspieler aus Brasilien wirkten mit. Es ist auch weltweit das einzige Schlaraffenorchester, in dem, zunächst noch zaghaft, Frauen mitspielen dürfen. Und selten hat man einen so temperamentvollen Dirigenten gesehen wie Maestro Lukas Meuli (mit Schlaraffennamen Ritter Curioso), der auch auf Einladung des Club Transatlântico und der ,Associaçao Schlaraffia Paulista” das Konzert in São Paulo organisiert hatte. Hervorzuheben sind auch die Solisten: Helge Keiper (Ritter Cancello) auf dem Violoncello, Oswald Emmert (Ritter Flautophilus) auf der Querflöte, Jörg Bolz (Ritter Röhrchen gen. Röhrle von Quäkenburg) auf der Oboe, sowie Emil Horvath (Ritter Goldmaßing) auf dem Alphorn.
Den Auftakt des Programms gab die strahlende ASO-Fanfare. Ann Vierneisel begrüßte sodann die Gäste aus nah und fern mit einer vollendeten Ansprache in portugiesisch und deutsch und vergaß auch nicht, die Künstler, echt schlaraffisch, mit- “uhuhertzlichem Lulu” anzusprechen, was unter den anwesenden Schlaraffen großen Jubel auslöste. Danach folgten Werke von W.A. Mozart, Franz Schubert und August Klughardt. Tongewaltig erklang zum Abschluss des ersten Teils der Triumphmarsch aus der Oper , “Aida” von Giuseppe Verdi. Der zweite, mehr heitere Teil wurde mit dem “Börse-Ländler” eingeleitet, wobei Ritter Goldmaßing, ein Könner seines Fachs, das schwierige Alphorn blies. Kompositionen von Jacques Offenbach, Benjamin Godard und Ruggero Leoncavallo schlossen sich an. Sodann brachte das Orchester einen bunten Melodienstrauß nach Motiven aus Franz Lehars Operette “Zigeunerliebe” zu Gehör. Fast im wahrsten Sinne des Worte dirigierte Maestro Lukas Meuli “mit Leib und Seele” den Leharschen Walzer “Gold und Silber”, bevor sich das Programm mit einem Zyklus von Schlaraffenliedern, “Schlaraffische Festmusik für großes Orchester” genannt, seinem Ende zuneigte. Für den brausenden Applaus dankte das Orchester noch mit einer Zugabe, dem schmissig und schneidig gespielten und immer wieder gern gehörten Radetzky-Marsch von Johann Strauss.
Im Sinne der philanthropischen Zielsetzung des Club Transatlântico floß ein Teil der Einnahmen aus den Eintrittsgeldern der “ADERE Associação para Desenvolvimento, Educação e Recuperação do Excepcional” zu.
Herausgegeben in der Brasil Post, São Paulo, am 30. April 2004
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