Wie man Schlaraffia erklären kann

 

Es gibt hier in São Paulo einen Verein, der heißt 'Schlaraffia'. Den gibt es auch noch an vielen anderen Orten der Welt, wo sich Männer, die Deutsch sprechen, zusammengefunden haben. Diese Gesellschaft oder dieser Verein hat nur ganz entfernt etwas zu tun mit dem Schlaraffenland, in dem einem die gebratenen Tauben in den Mund fliegen.
In der Schlaraffia fliegt einem aber auch etwas zu: 'Nahrung für Geist und Gemüt'. Deshalb könnte man sie auch als das 'Schlaraffenland des Geistes' bezeichnen.

Wir beschäftigen uns bei den Zusammenkünften der Schlaraffen mit geistigen Genüssen: Mit Kunst und Kultur im weitesten Sinne, z. B. Musik, Gesang, Literatur, Dichtung, Populär-Wissenschaften usw.
Das Schöne und Interessante ist, dass sowohl Berufskünstler als auch Amateure daran beteiligt sind.
Da sich alle Schlaraffen mehr oder weniger freundschaftlich miteinander verbunden fühlen, gibt es keine Leistungsvergleiche und die oft damit verbundenen Eifer süchteleien. Jeder, der will, kann sich also ganz unbefangen produzieren.
Viele unserer Mitglieder hören auch nur zu und freuen sich am Gebotenen.

Die eben genannten geistigen Genüsse - oft sehr humorvollen Inhalts - sind eingebettet und verankert in einem fröhlichen Ritterspiel.

In diesem Spiel werden mittelalterliche Bräuche benutzt, um allgemein menschliche Schwächen zu persiflieren. Auch Nur-Zuhörer sind in dieses Spiel integriert.

Sie müssen es selber mal erleben, wie schnell man bei den Schlaraffen die Alltagssorgen los wird und entspannt und glücklich in den Alltag zurückkehrt!

Sie haben doch Humor und können gut zuhören (wenn nicht, dann lernen Sie es ganz schnell bei uns). Kommen Sie doch mal mit, ganz unverbindlich. Vielleicht gefällt es Ihnen. Allerdings müssen Sie uns auch gefallen, denn wir sind miteinander recht freundschaftlich verbunden. Die Zusammenkünfte sind im Winter. Wir nennen sie übrigens 'Sippung'. Bei uns in São Paulo immer donnerstags um 20 Uhr. Jedes 'Reych', so nennen sich die Ortsvereine der Schlaraffen, hat seinen bestimmten Wochentag.

Es könnte sein , dass Sie gerade donnerstags stark beschäftigt sind. Aber ich kenne mehrere Freunde, die erst nach ihrer Pensionierung zu uns kamen und dann gesagt haben: 'Was habe ich alles versäumt! Hätte ich das gewusst, ich wäre schon viel früher gekommen!' Prüfen Sie doch mal, ob Sie nicht so viel Einfluss auf die Gestaltung Ihrer Zeit haben, dass Sie doch donnerstags kommen könnten!

In der Schlaraffia ist die Freundschaft der Sassen untereinander ganz wichtig.

'Die Freundschaft unter Männern hat aber ein ganz anderes Gesicht, als die Freundschaft zwischen Frauen und Männern Erotik, Sexualität bleiben außen vor.

Schlaraffia ist eine Gemeinschaft von Männern. Dass Frauen nicht Mitglied werden können, hängt mit den beiden grundlegenden Spielelementen 'Rittertum' und 'Hochhalten der Freundschaft' zusammen.
In der Ritterzeit wurden die Frauen hoch verehrt, aber nach außen hin traten sie nicht aktiv in Erscheinung. Sie können deshalb dem Ziel des schlaraffischen Pseudo-Ritterspiels, der Persiflage des Umgangs mit der Obrigkeit und der Gesellschaft nicht dienen.

Der dabei gepflegte Humor käme bei den Frauen nicht an: Die meisten Frauen stellen sich nicht gern selbstironisch in Frage.
Um zwei hinkende Vergleiche zu bemühen: In einer Männer-Sportmannschaft spielen keine Frauen mit. Bei einem 'Kaffeekränzchen' würden Männer gewaltig stören!

Die Freundschaft hat innerhalb des schlaraffischen Spiels einen besonders hohen Stellenwert. Da würden durch die Anwesenheit von Frauen ganz andere Akzente gesetzt! Bei der Freundschaft zwischen Männern ist die Gefahr, dass dabei Erotik ins Spiel kommt, sehr viel geringer als bei einer Freundschaft zwischen Frauen und Männern.

Es ist auch undenkbar, dass in einem Verein per Satzung Freundschaft zwischen Mann und Frau gefordert würde! Frauen spielen an anderer Stelle eine große Rolle bei Schlaraffia.

Im Sommer findet in jedem Reych eine Reihe von künstlerischen, kulturellen und gesellschaftlichen Veranstaltungen statt, die ohne Teilnahme der Frauen undenkbar wären.

Bei großen schlaraffischen Festen sind fast immer die Frauen dabei. Viele Frauen profitieren durchaus davon, wenn ihr Lebenspartner durch die Schlaraffia mehr Lebensfreude gewinnt und entspannt und fröhlich von den Sippungen heim kommt und ihr begeistert davon berichtet.

Um den Frauen zu zeigen, was ihre Männer in den 'Sippungen' (Spielabenden) so treiben, findet einmal jährlich eine Sippung mit Frauen statt.

© Rt. Eulenspiegel der Mime (11) (Harald Scheerer)